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Wie arbeiten die nicht Seelsorger mit Spiritualität in der beruflichen Praxis

Spiritualität des Begleiters (in Therapie, Pädagogik, Sozialarbeit…) im beruflichen Kontext

  1. Ein reflektiertes Menschen- (auch Patienten-) und Weltbild des Professionellen, das Hintergrund der beruflichen Arbeit ist. (Jeder Mensch – auch der Helfer – hat ein Menschenbild!) Dazu gehört die Prämisse, dass Menschen Leben, Lebensprobleme, Krankheit und Sterben nicht nur mit physischen (z.B. medizinischen) Mitteln, aber auch nicht nur psychisch, sozial und mental, sondern auch spirituell verarbeiten und bewältigen können.
  2. Eigene spirituelle Praxis (z.B. Meditation, Gebet, Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft) zur Pflege und Vertiefung der eigenen Spiritualität. Überprüfung, ob diese anthropologisch verantwortet ist.
  3. Sich seine generelle Offenheit für die religiös/spirituellen Einstellungen der Klienten bewusst machen, auch wenn man selbst inhaltlich eine andere (Z.B. atheistische) Einstellung hat. Eigene Erschlossenheit für Spiritualität überprüfen.
  4. Die eigene reflektierte spirituelle Einstellung bei der Begegnung mit Klienten in sich aufrufen, um diesem Klienten/diesem Problem gut begegnen zu können (wird nicht zur Sprache gebracht, z.B. Achtsamkeit…). Ziel: Erhöhung der Containment-Fähigkeiten des Helfers.
  5. Sich seine eigenen spirituellen Quellen bewusst machen als Ressource für den Begleiter selbst, um beruflich mit dem vielfältigen Leid und den vielen Schicksalen offen und gestärkt umgehen zu können (Resilienz).
  6. Sich der symbolischen Seite der beruflichen Rolle bewusst sein, die über das rein Fachliche hinausgeht. Der symbolische Rollenanteil enthält eine überpersönliche, menschheitliche Transzendenz, die das tragen hilft, was der Therapeut (und Klient) nicht persönlich einlösen kann. („Logik der Spiritualität“)

Spiritualität in Beziehung bringen

  1. „Begegnungsspiritualität“: In Haltung und Präsenz eine Atmosphäre schaffen, in der „heilige Momente“ entstehen können
    • kann implizit bleiben
    • kann angesprochen werden.
  2. Sich der spirituellen „Nebenwirkungen“ des Helfer- Berufs bewusst sein. Schon der professionell qualifizierte Umgang mit dem Anliegen der Klienten hat nicht nur physische und psychische Wirkung, sondern ist auch „Sorge für die Seele“ (implizite Seelsorge).

Sich der spirituellen „Nebenwirkungen“ des Helfer- Berufs bewusst sein. Schon der professionell qualifizierte Umgang mit dem Anliegen der Klienten hat nicht nur physische und psychische Wirkung, sondern ist auch „Sorge für die Seele“ (implizite Seelsorge).

  1. Bei der Kontrakterstellung das eigene Menschen-, Welt- und Gottesbild erkennen lassen, auf dessen Hintergrund man arbeitet: Transparenz für den Klienten (z. B. Einstellung zu Leben, Lebensschicksal, Heilung und Grenzen von Heilung…). Und dem Klienten erörtern, wie man in der Arbeit damit umgeht (z.B. Neutralität oder eigene Spiritualität bleibt ganz im Hintergrund, oder Begleiter bleibt ganz bei der Spiritualität des Klienten, oder lässt gelegentlich seine Einstellung erkennen…). Gegebenenfalls klären, was der Klient bezüglich Spiritualität/Religiosität vom Begleiter will/nicht will.
  2. Die „spirituelle Anamnese“ und/oder „spirituelles Assessment“ in den Behandlungsprozess einbeziehen und klären, welche Anteile im weiteren Prozess eine Rolle spielen können und welche an andere Berufe delegiert werden.
  3. Von der Unterscheidung „explizit“ / „implizit“ ausgehen und in den Lebenserzählungen und Identitätsdarstellungen des Klienten für dessen „inneren Geist“ sensibel und aufmerksam sein und dazu qualifiziert in Resonanz gehen („Resonanzspiritualität“). Das „Heilige“ dieses Menschen eventuell ins Wort bringen und als Ressource bewusst machen. Diese spirituelle Ressource in den weiteren Begleit-Prozess einbeziehen und wenn angezeigt wieder aufrufen.
  4. Bewusstes Erschließen von Lebenssymbolen nach der Methodik „Hineinführen/Hindurchführen/Hinausführen“.
  5. Mit den „Fragen über den Horizont hinaus“ („Was ist Ihnen (zutiefst) heilig?“, „Gibt es für Sie eine höchste Instanz, die Ihnen jetzt antworten könnte?“…) auch nicht religiösen Menschen eine Transzendenz-Perspektive eröffnen.
  6. Spirituelle Rituale anbieten, die im Kontext der therapeutischen Arbeit stehen und darauf bezogen sind (z.B. beim „Hinausführen“).
  7. Das explizit erkennbare und vom Klienten benannte Lebens-, Welt- und Glaubensbild in die Behandlung und Begleitung einbeziehen (und bei Störungen „bearbeiten“)
    • in religiöser Form
    • in bewusst spiritueller Form
    • in Form sonstiger Sinnvorstellungen.
  8. Selbstreflexion des Helfers, wie weit er ein „Sinngeber“ ist und wie weit er Sinn und Hoffnung repräsentiert („Stellvertretungsspiritual
    • implizit durch seine Rolle (Symbolrolle)
    • implizit durch Haltung (z.B. Glaube an Ressourcen im Klienten, Menschenliebe…).
    • explizit durch Resonanzgebung und Würdigung
    • explizit durch eigene Bewertung und Verstärkung
  9. Spirituelle/religiöse Interventionen: Explizit mit der eigenen religiösen oder spirituellen Einstellung arbeiten; religiöse, spirituelle, mythologische Texte, Symbole, Praktiken, Imaginationen etc. in die therapeutische Arbeit einbeziehen – dies aber dem Klienten vorher und während des Prozesses transparent machen. (Z.B. in Bezug auf ein bestimmtes Problem / Lebensaufgabe / das Lebensschicksal des Klienten: „Darf ich Ihnen sagen, wie ich das aus meiner Spiritualität/meinem Glauben heraus sehe?“ oder „…wie das die christliche / buddhistische/ … Religion, indianische Weisheit… sieht?“ Danach immer: „Wie wirkt das auf Sie?“ „oder wie sehen Sie das?“ d. h. beim Klienten bleiben.) Wichtig: die religiöse oder spirituelle „Schule“ oder Tradition transparent machen, die damit verbunden ist. (Ebenfalls wichtig: Asymmetrie zwischen Therapeut/Klient beachten, keine Überzeugungsarbeit, kein subtiler Druck, eigene Einstellung nur als „Startkabel“ für den Klienten.)
  10. Empfehlungen an den Klienten, welche spirituell/religiöse Praxis für ihn und seine Problembewältigung sinnvoll sein könnte (z.B. Meditation, Gebet, Weisheitstexte…). Eventuell weiterverweisen an religiöse oder spirituelle Meister / Seelsorger / Gemeinschaften:
    • bei eindeutig religiösen Klienten
    • bei suchenden Menschen.
  11. Einbeziehung anderer Berufe (Seelsorger, Sozialarbeiter, Psychiater…). Inter- und transprofessionelle Zusammenarbeit.

Andere Möglichkeiten

  1. Welche anderen Möglichkeiten, Spiritualität in Beziehung zu bringen, sind Ihnen bekannt?
  2. Welche anderen Möglichkeiten praktizieren Sie in Ihrer beruflichen Tätigkeit?